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Die dritte Stufe des Certamen 2016 – aus Schülersicht

Am 9. Juni versammelte sich eine ansehnliche Menschenmenge im Senatssaal der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Am gleichen Tag war 1948 Jahre zuvor der Kaiser Nero gestorben, war vor 201 Jahren der Wiener Kongress zu Ende gegangen, war in der Bundesrepublik das Wahlalter 18 Jahre eingeführt worden. Zehn der Versammelten besaßen genau dieses Alter (oder zumindest fast). Sie waren die Kandidaten für die dritte und letzte Runde des Certamen Thuringiae. Aus den verschiedensten Orten Thüringens reisten die Schüler an, oftmals von ihren Eltern und Lehrern begleitet. Eine Jury war natürlich auch anwesend.

Nach der Absolvierung der ersten Runde des Wettbewerbes erhielten vierzig Schüler der zehnten bis zwölften Klasse die Möglichkeit, eine Hausarbeit zu einem von vier vorgegebenen Rahmenthemen zu verfassen. Zehn Jugendliche reichten eine Arbeit ein und qualifizierten sich für die Finalrunde. Dabei beschäftigten sechs der Schüler sich mit dem Thema „Macht und Machtmissbrauch“, drei wählten „Was die Welt im Innersten zusammenhält“, ein Schüler setzte sich mit „Antike im Film“ auseinander, nur das Thema „Aphrodite und Dionysos“ ging leer aus. Für die dritte Runde hatte nun jeder Schüler einen viertelstündigen Vortrag vorbereitet. Die Themenwahl war frei erfolgt und so ergab sich ein äußerst vielfältiges Programm zur antiken Kultur bzw. griechisch- und lateinischsprachigen Literatur. Vortragsthemen waren u.a.: Vom Poly- zum Monotheismus – Die Ablösung der römischen Staatsreligion vom Christentum; Der Casus Laokoon; Asyl in der antiken Literatur; Sinn und Sinnlosigkeit des Reisens – Meinungen antiker Autoren, Esskultur im Alten Rom – Zeichen für eine hochentwickelte Lebensweise oder doch nur Völlerei und Dekadenz?; Medizin im Alten Rom – Wissenschaft oder Götterkult?; Das Motiv der Gerechtigkeit anhand Ovids Metamorphosen; Thomas von Aquin und das Prinzip der Doppelwirkung. So abwechslungsreich das Programm auch war – wohl nicht alle Anwesenden amüsierten sich köstlich dabei. Vor allem die Wettstreiter kamen sehr ins Schwitzen. Sie hatten die Aufgabe, zu den jeweils vorgetragenen Themen in einen gemeinsamen Diskurs zu treten. Das erforderte ihre höchste Aufmerksamkeit während der Vorträge. Alle Wettbewerbskandidaten schlugen sich wacker; sie trugen ihre Problematik in ausgezeichneter Weise vor, unterstützten das Gesagte mit Lichtbildern und diskutierten im Anschluss sachlich und fair. Sicherlich hätten sie alle den Hauptgewinn verdient. Aber, wie es bei einem echten certamen nun einmal zugeht, nur einer konnte ihn abräumen. Die glückliche Gewinnerin hieß am Ende Anna Wiegand. Das Stipendium, das sie gewann, ist bei ihr sicher gut angelegt – die Thüringer Altphilologen dürfen sich auf einen Junior mehr freuen. Um 19:30 Uhr wurde das Symposium beendet und man begab sich nach Hause durch den freundlichen Juniabend.

Auch am Ende dieses Berichtes soll an ein Kalenderblatt erinnert werden. Ebenfalls an einem 9. Juni, diesmal im Jahre 19 v. Chr., wurde in Rom die Aqua Virgo in Betrieb genommen. Dieses Aquädukt speist noch bis zum heutigen Tage den Trevi-Brunnen. Wir können uns nur wünschen, dass auch das geistige Erbe der Antike als frischer Quell der Gedanken in unsere Zeit strömt. Die Austragung des Certamen Thuringiae muss hier als eine Art Baumaßnahme, dem Wissensfluss ein Bett zu uns zu graben, gewürdigt werden. Möge es den Thüringer Schülern och viele weitere Jahre vergönnt sein, an dieser wirklich besonderen Lateinolympiade teilzunehmen.

Elisabeth Ilgner (Christliches Gym. Jena)